China finanziert den Völkermord im Sudan
Unicef-Botschafterin Mia Farrow wirft der Weltgemeinschaft vor, beim Völkermord im Sudan kläglich versagt zu haben. Auf WELT ONLINE fordert sie China auf, den Sudan nicht länger beim Morden zu unterstützen. Mit einem Fackellauf möchte die Menschenrechtlerin ein Zeichen setzen.
Foto: APDie U.S.amerikanische Schauspielerin und UNICEF-Botschafterin Mia Farrow auf einer Veranstaltung in Berlin, die als Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen in Darfur organisiert wurde
US-Schauspielerin und Unicef-Botschafterin Mia Farrow (62) kämpft seit 2004 gegen den Völkermord in der sudanesischen Region Darfur. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) wurden dort seit Beginn des Konflikts vor fünf Jahren mindestens 200.000 Menschen getötet und mehr als zwei Millionen aus ihren Dörfern vertrieben. Mit einem symbolischen, an die bevorstehenden Olympischen Spiele in Peking angelehnten Fackellauf wollen Farrow und die Organisatoren von „Traum für Darfur“ China als wichtigen Wirtschaftspartner des Sudan dazu bewegen, sich für den Frieden in der Region zu engagieren. Nach dem Tschad, Ruanda und Armenien erreichte der Fackellauf nun auch Berlin. WELT ONLINE: Ein Fackellauf gegen den Völkermord in Darfur. Ist das nicht zu wenig? Mia Farrow: Peking richtet im nächsten Jahr die Olympischen Spiele aus. Die ganze Welt wird ihr Augenmerk auf China richten. Das ist eine der letzten Chancen für Darfur, Menschen und Politiker auf das Morden, die Vergewaltigungen und die Vertreibungen aufmerksam zu machen und China unter Druck zu setzen, endlich etwas zu tun. WELT ONLINE: China stillt seinen Energiehunger auch mit sudanesischem Öl. Die Regierung in Khartum ist für die Devisen sehr dankbar. Wie kann eine so gut funktionierende Symbiose aufgebrochen werden? Mia Farrow: Genau das ist der Hebel, den China ansetzen muss – auch entgegen den eigenen wirtschaftlichen Interessen. Das Land kauft für mehr als zwei Milliarden Dollar jährlich Öl aus dem Sudan. 70 Prozent davon setzt Khartum ein, um die Dschandschawid-Milizen in Darfur zu finanzieren, die die Menschen vertreiben und töten. Völkermord ist ein teures Geschäft. Man braucht Waffen, Hubschrauber, Munition, Essen für die Kämpfer, Lastwagen. All das haben die Milizen der Regierung, und China finanziert das. WELT ONLINE: Aber die Ölgelder fließen doch auch in humanitäre Projekte, Krankenhäuser und Schulen. Mia Farrow: Wenn ich ein kaputtes Auto zum Mechaniker bringe, dann sage ich ihm in der Regel doch nicht, was alles heile ist, sondern was kaputt ist. China macht es umgekehrt, versteckt die schlechten Dinge. Fakt ist: Mit Chinas Hilfe werden Munitionsfabriken gebaut. Und China verhindert eine wirksame UN-Resolution, die das Mandat für eine schlagkräftige Einsatztruppe ermöglicht. WELT ONLINE: Sie sprechen von der Resolution 1769. Die hat China unterzeichnet. Mia Farrow: Aber erst, nachdem ihr die schärfsten Zähne gezogen waren: Die UN-Soldaten dürfen nun nicht mehr nach illegalen Waffen suchen und sie konfiszieren, so wie es die Resolution einmal vorsah. Wenn man die illegalen Waffen aber nicht einsammeln darf, wird auch weiter geschossen. China unterstützt den Völkermord also auf zwei Ebenen: mit dem Ölgeld und durch seine Macht im UN-Sicherheitsrat. Das Land macht sich damit zum Mittäter. WELT ONLINE: Wie erklären Sie, dass der Druck der Weltgemeinschaft nicht greift? Weiterführende links
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Mia Farrow: Die Regierungen – amerikanische und deutsche – sind doch verstrickt in ein größeres Monopoly. Darin kommen die Menschen von Darfur nicht vor. 2004 war der Konflikt im Sudan nichts weiter als eine heiße Kartoffel, die die USA, die UN, EU und Nato zwischen sich hin- und hergeworfen haben. Die Menschen in Amerika fragten mich: „Dar - wo?“ Letztendlich ist sie im Schoß der Afrikanischen Union gelandet und wurde mit dem Mantra „afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ gerechtfertigt. Anfangs waren 700 Soldaten im Land, jetzt sind es 5000. In einer Region so groß wie Frankreich. Ohne Funkgeräte, Lastwagen, Helikopter, Sprit. Die internationale Gemeinschaft muss eine Entscheidung fällen: Entweder sie unternimmt jetzt radikal etwas gegen den Völkermord, oder sie gesteht ihr Versagen ein. So wie in Ruanda. Der Anfang des Versagens ist die handzahme Resolution. WELT ONLINE: Was erwarten Sie von der Regierung in Deutschland? Mia Farrow: Deutschland hat bislang zu der neuen EU-Einsatztruppe nichts beigetragen. Wir hoffen jetzt sehr auf die Unterstützung und darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Hebel in Bewegung setzt, um auf China einzuwirken. WELT ONLINE: Sie haben die Region schon sieben Mal bereist. Wie ist die Situation in den Lagern? Schlagworte
Sudan Menschenrechte UN-Resolution 1769 China Darfur Völkermord Wirtschaftshilfe Mia Farrow: Das Leid ist unermesslich. Kein Wasser, kein Unterricht, kein Essen, kein Feuerholz. Die Kinder malen Bilder, auf denen aus Helikoptern Blut regnet und schwangere Frauen vergewaltigt werden. Meine Kinder malten Regenbögen und lachende Sonnen. Und dennoch: Wenn die UN in den Nachrichten aus dem einzigen Lagerradio erwähnt werden, bilden sich spontan Sprechchöre „UN, UN, UN“. Die Hoffnung der Lagerbewohner ist so groß, sie darf einfach nicht enttäuscht werden.