Hallo allersets - den folgenden Brief habe ich heute an das ARD-Fernsehen geschickt, nachem dort diese unsägliche Doku über Tibet gesendet wurde. Ich koche immer noch.....
Sehr geehrte Damen und Herren,
zufällig hatte ich heute Abend die Gelegenheit, bei Freunden die von Ihrem Sender ausgestrahlte
Dokumentation mit dem reißerischen Titel „Todesangst in Tibet – unterwegs in einem geknebelten
Land“ sehen zu können.
Um es gleich vorweg zu sagen: ich fand dieses Machwerk – eine passendere Bezeichnung fällt mir dazu leider nicht ein – gelinde gesagt empörend. Setzt man in unserer angeblich demokratischen Gesellschaft sachliche und korrekte Berichterstattung voraus, so muß einem ein solch tendenziöser Film die Schamröte ins Gesicht treiben. Ich möchte Ihnen daher ein paar Anmerkungen dazu nicht ersparen:
Bereits der Titel, der von einer Werbeagentur ersonnen sein könnte, macht deutlich, dass es sich hier um politische Beeinflussung, auch Propaganda genannt, handelt, nicht jedoch um einen sachlichen Bericht. Da der Zuschauer offenbar des eigenständigen Denkens nicht mächtig ist, wird ihm die Bewertung gleich mitgeliefert. Das nennt man Service!
Beeindruckend auch der Reporter, der sich alle Mühe gab zu dokumentieren, welch unglaublichen Gefahren er sich ausgesetzt hat. Dem armen Mann wurde sogar vor Angst schlecht! Mir auch, aber nur, weil eine derartig durchsichtige Meinungsmache wirklich schwer verdaulich ist! Und dann moniert der gute Mann noch, dass so viele Tibeter Chinesisch in ihre tibetische Sprache mischen.
Es ist aber auch unglaublich, dass Chinesisch nun einmal die Amtssprache im ganzen Land ist. Selbst spricht der Reporter natürlich fließend Englisch. Da mag sich nun mancher überlegen, was schlimmer ist. Ach ja – und haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie viel englische Sprachbrocken inzwischen unsere schöne deutsche Sprache verunzieren?
Mit den Fakten ist man dann allerdings ein wenig sparsam umgegangen. Das muß man als Zuschauer natürlich verstehen – immerhin kostet solch in Film ja Geld, und da muss man sich schon auf das beschränken, was den gewünschten Eindruck vermittelt. Es wäre allerdings schön und der Wahrheitsfindung dienlich gewesen, hätte man erwähnt, dass der Dalai Lama nicht, wie in Ihrem Film dargestellt, „nach vergeblichen Friedensverhandlungen mit Mao Zhe Dong nach Indien geflohen ist“. Sie haben da die Kleinigkeit unterschlagen, dass er zuvor nach Abschluß eines 17-Punkte-Vertrages mit der Zentralregierung gute acht Jahre in bestem Einvernehmen mit dieser in Tibet residierte. Da ihn das jedoch nicht dazu motivierte, in seinem Herrschaftsbereich das Feudalsystem abzuschaffen und das Analphabetentum zu bekämpfen, haben ihm die Chinesen dann diese Arbeit abgenommen. Erst dann emigrierte er nach Indien. Vermutlich, weil seine auf diesem Feudalsystem beruhende Machtbasis sich soeben in Luft aufgelöst hatte.
Schön ist auch, dass in Ihrem Film medien- und meinungswirksam natürlich immer und überall Polizei gezeigt wird. Sehen wir einmal davon ab, dass diese auch in unserem Lande durchaus Präsenz zeigt, so darf ich ihnen versichern, dass dies nicht nur in Tibet der Fall ist Auch im übrigen China ist man zu recht sehr daran interessiert, die Stabilität zu gewährleisten – vor allem nach den Erfahrungen, die man mit den so freundlich von US-Seite geförderten Aufständen jüngst in Tibet machen durfte.
Noch ein letzter Satz zur angeblich unterdrückten Religion in Tibet: wenn man, so wie ich, in China tibetische Mönche offen und unbehelligt mit dem Bild des Dalai Lama um den Hals über die Straße hat gehen sehen, dann mag man nicht mehr so recht ein eine religiöse Unterdrückung der Tibeter glauben. Wenn man dann noch ein wenig über die Minderheitenpolitik Chinas weiß, dann sieht die ganze Sache vollends anders aus. Eines dürfte sicher sein: ohne die Chinesen hätten die Tibeter weder fliessendes Wasser, noch Elektrizität, noch Schulen oder eine adäquate medizinische Versorgung, die nebenbei bemerkt die Lebenserwartung der Tibeter in 60 Jahren nahezu verdoppelt hat. All dies dokumentiert für mich mehr Achtung der Menschenrechte als selbsternannte oder von außen geförderte Tugendwächter, die Tibet heute noch am liebsten zurück ins Mittelalter befördern würden.
Jeder Palästinenser würde Allah auf Knieen danken, könnte er so leben wie die Tibeter unter der chinesichen Verwaltung.
In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, zukünftig weniger propagandistisch tätig zu sein. Versuchen Sie es doch einfach mit der Wahrheit.
Mit freundlichen Grüssen